Bei meinem letzten Besuch in Jugenheim habe ich eine Henny-Koch-Bank entdeckt.
Wie schön, dass an einer Stelle mit Blick über die Rheinebene und mit dem Melibokus im Rücken jetzt auch rastende Spaziergänger oder Radfahrer auf die Schriftstellerin und Übersetzerin aufmerksam gemacht werden, die nicht weit entfernt in der Klause in der Zwingenberger Straße gelebt und ihre Werke verfasst hat. Sie hätte diese Stelle sicher auch geliebt. Denn von dort
hat man einen herrlichen Rundblick über die Rheinebene mit Saatfeldern, Wiesen und Waldstreifen bis zum Strom mit seinen alten Städtchen und Städten, deren Dome am Horizonte ragen. Rückwärts schweift der Blick über die fruchtbestellten Hochebenen des Odenwaldes, über Waldkuppen, von denen Burgzinnen niedergrüßen und von Menschen erzählen und von Tagen, die nicht mehr sind. (aus “Wildes Lorle”, 1916, S. 25)
und dann geht
der Blick unter dem schattenden Baumgrün durch über die bunte Märchenpracht des Blumengartens zu den ernsten Waldbergen hin, die sich in langer Kette, steigend und fallend, streckten. Ihr Höhepunkt lag just in der Mitte des Sehkreises und hob sich gebietend ins Himmelsblau. (aus “Sonne Rynken und ihr Garten“. In: “Hochgeborene“, 1925, S. 73)
Dank für dieses “Bankgeheimnis” sei dem Verkehrs – und Verschönerungsverein Jugenheim 1863 e.V..
Auf seiner Internetseite ist zu lesen:
Das Bankgeheimnis verpflichtet eigentlich zur Verschwiegenheit, in Jugenheim jedoch laufen Bankgeschäfte anders:
Der Verkehrs- und Verschönerungsverein Jugenheim animiert Spaziergänger, Jugenheim entlang aufgestellter Ruhebänke mit wachem Auge und interessiertem Sinn kennen zu lernen – sei es im Pauerweg, am Roseneck, in der Lindenstraße oder sogar auf dem Friedhof. Mitglieder des Verkehrs- und Verschönerungsvereins haben drei Rundgänge ausgearbeitet, um Spaziergängern Bankgeheimnisse zu verraten.
Es lohnt sich also, das Zeitkonto zu überziehen und in aller Ruhe die Bankauskunft zu genießen. Start- und Zielpunkt der drei Rundwege ist jeweils die Rundbank beim Eiscafe Natale. Die Routen sind in unterschiedlichen Farben gekennzeichnet.
Bank 3 des gelben Rundwegs heißt
“Huckleberry Finn – Alsbacher Straße”
und beschäftigt sich mit Henny Koch und ihrem Werk.
Huckleberry Finn und Jugenheim
1890 hat die Jugenheimerin Henny Koch ein Schlüsselwerk der amerikanischen Literatur erstmals ins Deutsche übersetzt: Mark Twains erfolgreichsten Roman “Die Abenteuer des Huckleberry Finn”.
Darin erzählt der 13-jährige Straßenjunge Huckleberry Finn lebendig und spannend von seinen Erlebnissen und dem Alltag in einer Kleinstadt im amerikanischen Süden des 19. Jahrhunderts.
Henny Koch (1854 – 1925) lebte seit 1881 in der Zwingenberger Straße. Ab 1901 verfasste sie auch eigene Romane und war zu ihrer Zeit eine bekannte, viel gelesene Jugendschriftstellerin.
Wird Jugenheim in ihren Erzählungen auch nie erwähnt, ist doch zu erkennen, dass die Umgebung und die Bewohner der Hessischen Bergstraße sie inspiriert haben.