Weihnachtliche Gedichte

Was Karlchen sich wünschte.
Ein Gedicht von Henny Koch


Hoch zu Rosse sitzt der Schelm,
auf dem Kopf den blanken Helm.
Ritterlich mit stolzem Schwert
Ist die kleine Faust bewehrt.
Rößlein steigt, schlägt hinten aus,
Karlchen macht sich nichts daraus,
greift nur strammer in die Zügel,
hebt sich jauchzend hoch im Bügel.
In den Adern echt und gut
fließt ihm deutsch Soldatenblut.
Oberleutnant ist Papa,
Feldmarschall wird Karlchen ja!
Wo Papa nur heute steckt?
Karlchen lauscht. Das Hälschen reckt
Jubelnd sich: “Papa! Papa!”
Vaters Schritt klingt schon ganz nah.
In der Tür steht er auch schon,
hascht sich flugs den kleinen Sohn,
frohes Leuchten im Gesicht,
hebt ihn auf den Arm und spricht:
“Denk mal, draußen auf der Wiesen
läßt der Klapperstorch dich grüßen.
Will uns nächstens mal besuchen,
bringt Bonbons und süße Kuchen,
Und am End auch sonst was noch!
Karlchen, hör, so sag mir doch,
wenn der Storch vielleicht tät’ fragen,
was soll der Papa dann sagen?
Bruder oder Schwesterlein,
Karlchen, flink, was soll es sein?”
Karlchen sieht zum Fenster ‘naus,
zieht die Stirne sinnend kraus,
an der Nas’ das Fingerlein,
starrt gedankenvoll er drein.
Dann verklärt sich sein Gesicht,
und entschlossen ruft der Wicht:
“Wenn’s ihm ganz, ganz einerlei,
sag, daß es ein Möpschen sei!”


Annchen schreibt:
Ein Gedicht von Henny Koch


Liebes, gutes Christkindlein,
ich bin zwar noch dumm und klein,
aber viele schöne Gaben
möcht’ ich doch zu Weihnacht haben.
Einen Kochherd, Töpfe auch,
Kessel, Pfannen, wie’s so Brauch,

Teller, Löffel, Gabeln, Messer,
Schüsseln dann, je mehr, je besser,
Gläser, Flaschen allerlei
und ein Tischtuch auch dabei.
Eine Puppe, aber eine
schöne, elegante, feine,

Die auch läuft und nickt und spricht,
eine andre möcht’ ich nicht –
Schlittschuh’, Bücher, Hefte, Federn,
eine Schultasch’, schön rot ledern,
Pelzkapp’ auch und Muff dazu,
gelbe Strümpfe, gelbe Schuh’.
Liebigbilder, Ansichtskarten,
seltne Marken aller Arten.
Weiter gar nichts – wart mal – doch!
Auch ein neues Kleidchen noch
schenke mir vor allen Dingen, –
Elschen magst du ‘s alte bringen!


Bescheiden.
Ein Gedicht von Henny Koch


Großväterchen und Enkelsohn
am Fenster stehn und schauen still
dem Wirbeltanz der Flocken zu,
da’s bald schon Weihnacht werden will.

Sie sinnen beide vor sich hin,
wie’s eben ihren Jahren frommt,
Großvater träumt von dem, was war,
Klein Hänschen nur von dem, was kommt.

“Großvater, raucht der liebe Gott?”
Der alte Mann erstaunt sich baß,
sieht ungewiß den Kleinen an:
“Sag, Hänschen, flink, wie meinst du das?”

Hänschen errötet, zögert, stockt,
und flüstert leise: “Weil er dann
vielleicht mir doch zum heil’gen Christ
Zigarrenkistchen schenken kann!”