Alsfeld (ml). Im vergangenen Jahr beschäftigten sich Schüler der Albert-Schweitzer-Schule intensiv mit Alsfelder Literaten, was sie nun engagiert weiterführen.
Beim hessenweiten »Tag für die Literatur« im Mai 2009 präsentierten sie Biografien und Werke lokaler Schriftsteller wie Johanna Merck, Georg Büchner oder Frieda Bücking und weihten Gedenktafeln für sechs Autoren ein. Doch damit ist dieses Projekt an der Albert-Schweitzer-Schule, das von Deutsch- und Geschichtslehrer Michael Rudolf initiiert wurde, noch nicht beendet. Im Sinne der Nachhaltigkeit soll im Juni eine Publikation über die Alsfelder Literaten erscheinen. Dazu wurden 15 Arbeitsgruppen mit Schülern gebildet.
Die Schüler der 11. und 13. Klassen nahmen sich unterschiedliche Aspekte vor. Eine dieser Gruppen setzt sich mit der in Alsfeld geborenen Jugendbuchautorin Henny Koch auseinander. Dazu trafen sich am Samstag die Schüler Nico Ruhl, Laura Braun und Katrin Martin sowie Lehramtsstudentin Magdalena Neumann und Lehrer Michael Rudolf mit einer Expertin in Sachen Henny Koch. Dana Rothstein zog 1995 nach Seeheim-Jugenheim (Bergstraße), wo Henny Koch ebenfalls lebte. Als sie im Jahr 1997 eines ihrer Bücher »Papas Junge« geschenkt bekam, begann ihr Interesse an Henny Koch. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich Rothstein mit der Autorin, ihrem Leben und ihren Werken. Rothstein arbeitet heute als Content Managerin in Österreich.
Der Kontakt zu Rothstein entstand durch den hessenweiten Literaturtag im vergangenen Jahr. Beim Gespräch redete man zunächst über den Stil und das Leben der Alsfelder Autorin, ehe man dann zu einem Empfang ins Rathaus eingeladen wurde, wo auch Bürgermeister Ralf A. Becker den Gast aus Österreich und die Schüler empfing. Er lobte die Arbeit der Schüler, die die Alsfelder Schriftsteller »aus dem Nebel der Vergangenheit« in die Gegenwart zurückgeholt haben. Alsfeld sei eine Stadt, in der viele wirkten, die es wert sein, sich ihrer zu erinnern, so Becker.
Henny Koch war einer der profiliertesten Autorinnen ihrer Zeit. Geboren am 22. September 1854 inAlsfeld, zog sie 1881 nach Jugenheim. Zur Jahrhundertwende war sie eine der meistgelesenen Jugendbuchautorinnen. Zuerst übersetzte sie amerikanische Literatur, darunter »Die Abenteuer des Huckleberry Finn« von Mark Twain. Ab 1899 begann sie eigene Werke zu verfassen, vorwiegend Romane für junge Mädchen, so »Backfischliteratur«. Insgesamt veröffentlichte sie fast 30 Bücher. »Ihre Literatur hat die Kinder und Jugendlichen ihrer Zeit geprägt«, so Rothstein. Manche Bücher seien in sieben Sprachen übersetzt worden und erschienen in Norwegen, Italien, Ungarn oder Brasilien. Für ihre Zeit sei sie eine sehr bedeutende Autorin gewesen. »Papas Junge«, das in 94 Auflagen erschienen sei, könne man als Bestseller bezeichnen. Ihre Bücher gehen weit über die typische »Backfisch-Literatur« hinaus. Faszinierend seien die Schilderungen fremder Länder und das Leben der damaligen Zeit. Die Recherchen über Henny Koch werden nie abgeschlossen sein, so Rothstein. Allein durch den Literatur-Tag seien viele neue Kontakte entstanden und noch immer gebe es einige Lücken in ihrer Biografie.
Dana Rothstein hat eine Internetseite über die Literatin erstellt, http://www.hennykoch.de/. Diese nutzten auch die Alsfelder Schüler bei ihrer Recherche. Im Juni werde man die Publikation, die durch Unterstützung der Sparkasse Oberhessen entstehe, dann im Rahmen einer kleinen Ausstellung präsentieren. Es gebe noch viele weitere Ideen, wie man das vielschichtige Thema weiter in den Blickpunkt rücken könne. Denkbar sei zum Beispiel, dass man Auszüge ihrer Bücher in den Unterricht einfließen lassen könne.
Alsfelder Allgemeine, 02.03.2010 – 20.48 Uhr